Der Raum dazwischen
Liebe Freunde und Freundinnen von OpenSquare
Wie präzise können Sie die Fassaden der Häuser auf ihren täglichen Wegen beschreiben? Ist es nicht so, dass wir sie meist nicht besonders gut kennen und sind schon so oft daran vorbeigelaufen? Sind es nicht meist die Erdgeschosse, an die wir uns erinnern? Insbesonders wenn sie durch Läden, Cafés, Restaurants oder ähnliches genutzt werden? Und sind es nicht die Räume zwischen den Fassaden, seien es Strassenzüge, Plätze, Kreuzungen, die wir wahrnehmen und auf die wir reagieren? Die wir in Erinnerung behalten? In guter und schlechter?
„Die Schweiz ist hässlich. Unterwegs in einem Land voller architektonischer Verbrechen“ war kürzlich im „NZZ am Sonntag“-Magazin zu lesen.
Im Artikel wird ein Gebäude als hässlich beschrieben, das Mittelpunkt eines Ortes werden sollte, dem bisher ein Zentrum fehlt – und sein Ziel weit verfehlt. Ein Gebäude alleine kann dies niemals leisten. Auch nicht mit schöneren Fassaden. Zum Ortszentrum werden kann es nur mit dem Raum davor, daneben, dazwischen. Nur im Ensemble. Die zitierte Einkaufsmall „Alles unter einem Dach“ konzentriert stattdessen sämtliche Nutzungen im Innenraum des Gebäudes. Eine innere Welt. Dabei sind es gerade Supermärkte, Restaurants, Hotellobbies, die den öffentlichen Aussenraum als Zentrum auszeichnen.
„Das Land wird zugepflastert mit trostlosen Siedlungen, die Profitwut erzeugt Eintönigkeit. Die meisten Neubauten sind in Beton gegossener Durchschnitt. Ginge es nicht auch anders?“, fährt der Artikel fort.
Ja, es geht anders. Mit mehr Bewusstsein, Verantwortung und Sorgfalt beim Planen und Bauen. Und es sind die Räume dazwischen, auf die es ankommt: Öffentliche Räume. Die Räume dazwischen prägen unsere Orte. Als Strassen, Plätze, Parks, Gärten, Höfe, Kreuzungen – in unterschiedlichsten Dimensionen, Ausdruck, Nutzung. Ihnen muss die Aufmerksamkeit gehören, die gesamte Wertschätzung aller – der Besitzenden, Behörden, Planenden und Nutzenden.
Wir alle haben Erinnerungen an einprägsame Aussenräume – wo wir wohnen, arbeiten oder wohin wir reisen. Historisch sind dies oft öffentliche Räume gesäumt von schlichter, unspektakulärer, meist anonymer Architektur. Aber es sind öffentliche Räume, geeignet und inspirierend für Spaziergänge, Vergnügungen, Feste, Kommunikation, Kontemplation, Musse. Alleine, gemeinsam, anonym, vertraut.
Herzliche Grüsse
Gundula Zach
OpenSquare