Fragen zum Umgang mit öffentlichem Raum

Fragen zum Umgang mit öffentlichem Raum

Liebe Freunde und Freundinnen von OpenSquare

Als ich vor einigen Wochen von einer Wienreise zurückkam, wartete am Bahnhofaufgang zum Europaplatz eine grosse Überraschung: Auf diesem an sich öffentlichen Platz stand nämlich plötzlich (und für fast eine Woche) ein dreigeschosshoher Ausstellungs-Pavillon, in dem Volvo uns wunderbare neue SUV verkaufen wollte. Macht es wirklich Sinn, wenn mitten in der Stadt auf einem zentralen öffentlichen Platz Autos ausgestellt und beworben werden? Ja, es waren Elektro-SUV, aber macht das einen Unterschied in einer Stadt, in der öffentlicher Raum knapp ist, die Strassen verstopft sind und die Parkplätze Trottoirs, Velowege, Grünflächen – und damit den öffentlichen Raum – besetzen?

Die Stadt Paris geht da ganz andere Wege. Seit dem 1. Oktober kostet in Paris ein Parkplatz für schwere Autos während einer Stunde neu 18 Euro, für sechs Stunden sogar 225 Euro. Betroffen von der Preiserhöhung sind E-Autos ab 2 Tonnen und Pkw mit Verbrennungsmotoren ab 1.6 Tonnen. Autos von Anwohner:innen und Behinderten sind davon ausgenommen. Die Pariser:innen sprachen sich in einer Abstimmung im Februar für diese höheren Gebühren aus. Ausserdem reduziert Paris, ebenfalls seit diesem Monat, die Höchstgeschwindigkeit auf der Stadtautobahn, der stark befahrenen »Périphérique» von 70 auf 50 Stundenkilometer. Innerorts ist das Tempo in ganz Paris ohnehin auf 30 Stundenkilometer limitiert. Auch mit E-Scootern geht Paris ganz anders um als etwa Zürich. Während seit August mit einem siebten Anbieter weitere 800 Tretroller in der Stadt Zürich herumstehen, es sollen nun 4’500 sein, sind sie in Paris unterdessen verboten.

Wie genau engagieren sich die Schweizer Städte, in diesem Falle Zürich, für den öffentlichen Raum, und was ist er ihnen wert? Wie wird in Zukunft der Autoverkehr zu Gunsten des öffentlichen Raums eingeschränkt, was genau sind die Bestimmungen der Städte bezüglich Werbeveranstaltungen und die Ökonomisierung im öffentlichen Raum und gibt es diese überhaupt? Und, wer braucht die vielen Events, die in den Sommermonaten die Städte zum Überlaufen bringen? Wie überzeugend sind zum Beispiel die Argumente bezüglich Stadtmarketing im Falle eines so einschneidenden Anlasses wie der Rad-WM in Zürich Ende September, der ganze Stadtteile für über 10 Tage praktisch lahmgelegt hat?


Reale, pragmatische Fragen, die wir uns als Gesellschaft stellen müssen. Wir müssen sie vor dem Hintergrund beantworten, dass der öffentliche Raum für das Funktionieren unserer Gesellschaft und Demokratie von immenser Wichtigkeit ist. Wir müssen uns dabei mit seinen Bedingungen und Qualitäten auseinandersetzen. Das ist es, was es heisst, uns um den öffentlichen Raum zu kümmern und zu ihm Sorge zu tragen.

Herzlich

Thomas Schregenberger

OpenSquare

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