Das wahre Herz der Stadt

Das wahre Herz der Stadt

Liebe Freunde und Freundinnen von OpenSquare

«Aber für die Pariserinnen und Pariser ist er sehr viel mehr – ein Ort der Begegnung, der für die erhebenden Seiten ihrer Stadt steht und dem eine kulturelle, menschenverbindende Dynamik innewohnt. Das wahre Herz von Paris.»

Im Magazin des Tagesanzeiger war anlässlich der anstehenden Renovation und damit verbundenen temporären Schliessung eine berührende Liebeserklärung von Oliver Meiler an das Centré Pompidou zu lesen. Das Gebäude und der Platz davor sind untrennbar verbunden. Zusammen bilden sie das Kunst- und Kulturzentrum als öffentlichen Raum. Öffentlicher Raum für alle als eine Utopie der Aufklärung.

«Wir möchten, dass das Beaubourg-Plateau zu einem „Live-Informationszentrum“ für Paris und die ganze Welt wird. Es soll auch ein Ort der Begegnung auf lokaler Ebene werden. …Der große Platz unterhalb des Gebäudes,…ist die horizontale Fortsetzung der Fassade. Hier werden nicht nur Informationen durch die oben erwähnten Tafeln vermittelt, sondern dieser Platz soll auch als Kulisse für temporäre Ausstellungen, Theateraufführungen, Konzerte, Spiele, Messen, Versammlungen, Paraden, Wettbewerbe usw. dienen.» Auszug aus der Projektpäsentation von 1971

Mit ihrem siegreichen Wettbewerbsprojekt entwarfen die Architekten Renzo Piano und Richard Rogers einen offenen Raum, der dem Gebäude und dem Platz davor, der Piazza, den gleichen Wert zuspricht. Von den 681 Vorschlägen hatten nur sie einen Platz vor dem Gebäude ausgespart. Nach der rigorosen Funktionstrennung der Moderne gehörten Piano und Rogers zu den ersten, die die Rolle des Platzes in der Stadt und die wichtige Beziehung zwischen Gebäude und Umgebung wieder neu zum Thema machten. Gebäude und Platz sind entworfen als «Place for People», als einen Lebensort für Menschen, eine kleine Stadt in der grossen Stadt. Die Kontinuität zwischen Gebäude und Piazza, die riesige für alle erdenklichen Zwecke geignete Fläche, die die Unbestimmtheit zum Programm erklärt, verwandelt die Besuchenden in Akteure dieses erstaunlichen öffentlichen Raums: Eine Bühne für das Leben. Ein öffentlicher Raum für alle, von allen genutzt.

«In Beaubourg und rundherum trifft sich die Jugend aus der Banlieue, das ist ihre Hood in der Stadt, sie fahren mit der Vorstadtbahn RER und der Metro zur Haltestelle Châtelet Les Halles, von da sind es nur zweihundert Meter. Sie kommen hierher, weil das ein inklusiver, moderner Ort ist…Siebzig Prozent der Besucher von Beaubourg sind Pariser, aus dem Zentrum, aus der Banlieue….Nur dreissig Prozent der Besucher sind Touristen aus der französischen Provinz und der Welt. Und damit ist alles gesagt», TAM Nr.20 17.Mai 2025

Die Piazza des Centre Pompidou ist ein wunderbares Beispiel eines öffentlichen Raumes für alle. Ein Beispiel für einen nutzungsoffenen, funktional unterbestimten Raum, der vieles zulässt. Ein Beispiel eines «spontanen, nicht kalkulierbaren flüchtigen Raums, der sich in ständiger Bewegug befindet und sich für das Unvorhersehbare auszeichnet», wie der Anthropologe Manuel Delgado fordert.

Ein Beispiel eines öffentlichen Raums, der neben dem Bekannten und Vertrautem die Begegnung mit dem Unerwarteten und dem Fremden emöglicht. Der uns vor Augen führt, wer alles in unserer Gemeinschaft lebt. Öffentlicher Raum der allen zugänglich ist und allen offensteht, essentiell für unsere demokratische Gesellschaft.Ein Beispiel eines öffentlicher Raums, der positive Emotionen weckt. Das Herz der Stadt.

Herzlich

Gundula Zach
OpenSquare

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