Demokratie braucht Begegnung.

Demokratie braucht Begegnung.

Liebe Freunde und Freundinnen von OpenSquare

„Warum sind Begegnungsorte überhaupt wichtig? Man muss sich keine Dystopien ausmalen, um das zu begreifen. Ein Ort ohne Begegnungsräume ist trist: Menschen fahren früh mit dem Auto zur Arbeit, sitzen womöglich in ihrem Einzelbüro den ganzen Tag vor dem Computer. Am Abend machen sie kurz Halt in einem Supermarkt an einer Ausfallstrasse, kaufen ein, die Kassen sind digital, bevor sie nach Hause zur Familie fahren und die Gartentüre hinter sich schliessen. Die Begegnungen bleiben auf Kolleginnen und die eigene Familie beschränkt, die Themen auch. Arbeitet man im Homeoffice sind selbst die Kolleginnen nur digital präsent. Abends scrollt man noch schnell durch die sozialen Netzwerke. Egal ob die Protagonistinnen das schön oder schrecklich finden, sie erleben wenig neue Eindrücke. Die Erfahrbarkeit von Gesellschaft ist eingeschränkt. Alles nicht so schlimm, kann man weiterdenken. Aber: das zunehmende Fehlen von Begegnung schadet unserer Demokratie.“ So schreibt Rainald Manthe in seinem Buch „Demokratie fehlt Begegnung – über Alltagsorte des sozialen Zusammenhalts“.

Für unser Zusammenleben ist es entscheidend, dass wir uns begegnen. Und unsere Begegnungen verändern sich, werden weniger. Digitale Begegnung ist kein Ersatz. Heute sind Begegnungsorte ausserhalb des Privaten meist der Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder Orte des Konsums – und natürlich öffentliche Räume.

Unsere Strassen, Plätze, Höfe, Parks sind Orte der wiederkehrenden, alltäglichen Begegnung mit Vertrautem und gleichzeitig Begegnungen mit dem Unerwarteten, mit dem Fremden. Sie sind für alle zugängliche nicht-kommerzielle Begegnungsorte ohne Schwellen und Hindernisse. Neutrale Orte, an denen erst einmal alle gleich sind. In öffentlichen Räumen wird die Gesellschaft sichtbar und erfahrbar. Nach Hannah Arendt werde ich erst dann zur Bürgerin, wenn ich im öffentlichen Raum erscheine, wenn ich sehen und gesehen werden kann.

In öffentlichen Räumen kann ich mein Umfeld kennenlernen, hier bilden sich Eindrücke, verfestigen sich zu Meinungen oder verändern sich. Öffentliche Räume können aber auch Orte für nur flüchtige Begegnungen ohne bleibende Wirkung sein. Orte, an denen man irritiert wird. Orte, die zwanglose Begegnungen ohne grosse Absicht ermöglichen. Im zufälligen gegenseitigen Beobachten lernen wir, dass wir nicht alleine in dieser Gesellschaft sind – Kommunikation, nonverbal und verbal, wird möglich.

Unsere Vision vom öffentlichen Raum ist ein Ort, an dem alle hin und wieder ihre Kopfhörer abnehmen, ihre Handis auf lautlos stellen und dafür ihre Sinne auf Empfang schalten. Dann merkt man ungefiltert, wo man überhaupt ist, wer gerade sonst noch unterwegs ist und was es so alles gibt in unserer bunten Gesellschaft.

Tragen wir Sorge um unsere Strassen, Plätze, Höfe, Parks – und gehen wir hinaus. Kämpfen wir um ihre Existenz, ihre Qualität, für unsere Begegnung.

Herzliche Grüsse

Gundula Zach

OpenSquare

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